Vernehmlassungsantwort BLG - socialbern.ch

Vernehmlassungsantwort BLG

Hier finden Sie die Vernehmlassungsantwort von Socialbern zum Gesetz über die Leistungen für Menschen mit Behinderung (BLG)

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Vernehmlassungsantwort (pdf)

Unsere Haltung in Kürze:

  • SOCIALBERN begrüsst ausdrücklich die Grundausrichtung des BLG und die Verankerung von mehr Selbstbestimmung und Teilhabe in einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage. Es überwiegt allerdings der Eindruck eines starken Regulierungsanspruchs bei gleichzeitiger Unverbindlichkeit. Verschiedene unpräzise, lückenhafte und teilweise widersprüchlich erscheinende Ausführungen im Vortrag erwecken den Eindruck, dass die konzeptionellen Grundlagen der Vorlage zum Teil noch zu wenig ausgereift sind. Notwendig ist mehr Klarheit und Transparenz, um das Modell und die Auswirkungen verlässlich abschätzen zu können. Es ergeben sich daher einige Bemerkungen, die den erwähnten Unklarheiten und Inkonsistenzen der Vorlage geschuldet sind.
  • Die im Gesetz festgehaltenen, in der Auslegung aber in die Kompetenz des Regierungsrats verschobenen Steuerungselemente sind primär vom Kostengedanken geprägt und kaum spezifiziert bezüglich Wirkung und Zusammenspiel. Mit diesen können sowohl die Selbstbestimmungs- und Wahlmöglichkeiten im Sinne der UN-BRK und des BeHiG wie auch der unternehmerische Handlungsspielraum für die Weiterentwicklung bedarfsgerechter Angebote übermässig eingeschränkt werden. Wesentliche Grundelemente müssen auf Gesetzesebene definiert sein.
  • Die Bedarfsermittlung muss zu validen und verlässlichen Ergebnissen führen. Die Unabhängigkeit im Sinne nicht sachgerechter Einflüsse auf den Abklärungsprozess ist sicherzustellen. Einschränkungen der Wahlfreiheit beim Leistungsbezug sind entsprechend dem Konzept der Orientierung am konkreten individuellen behinderungsbedingten Bedarf (≠ Bedürfnis) mit grösster Zurückhaltung anzuwenden. Die Systematik der Leistungsbemessung ist so zu justieren, dass ein ermittelter Bedarf finanziell angemessen abgedeckt wird.
  • Das Regulativ der «Versorgungsrelevanz» bei den Leistungserbringenden und damit die «Steuerung über Plätze» ist aus unserer Sicht intransparent und schwerfällig. Dadurch wird die Entwicklung und Bereitstellung von attraktiven Angeboten aufgrund von Bedarf und Wahlfreiheit verzögert und die Chancengleichheit zwischen den (qualitativ anerkannten) Leistungserbringenden gehemmt. Erforderlich sind Elemente, die eine nachfrageorientierte Steuerung stärken.
  • Die Finanzierung der Infrastruktur über eine angemessene Infrastrukturpauschale wird sehr begrüsst.
  • In der Finanzierungsystematik des Teils stationäre Leistungserbringung («Wohnheim») sind Betriebsbeiträge für nicht-personale Leistungen konzeptionell von den Lebenshaltungskosten zu trennen. Aufwände der institutionellen Leistungserbringenden für Organisation, Administration, etc. (d.h. einschl. Vorhalteleistungen) sollen aus Gleichbehandlungsgründen nicht den Lebenshaltungskosten der Menschen mit Behinderungen zugeordnet werden.
  • Die bedarfsgerechte und professionelle Begleitung von Menschen mit Behinderung erfordert für viele anspruchsvolle Aufgaben qualifiziertes Personal. Die in der IVSE verankerten Qualitätsanforderungen an das Fachpersonal zur Sicherung der Qualität in der Betreuung müssen eingehalten und auch künftig sichergestellt werden – sowohl zum Schutz der betreuten Personen wie auch der Arbeitnehmenden.
  • Die Übergangsphase mit dem parallellaufenden alten und neuen Modell ist nur ungenügend geklärt. Es braucht klare Übergangsregelungen.
Da die Verordnung zumvorliegenden Gesetz aus heutiger Sicht wesentliche Regelungen und Steuerungselemente enthalten wird, soll sie einer öffentlichen Vernehmlassung unterzogen werden (VMV Art. 5 Abs. 3d) und dem Grossen Rat bei der Beratung des BLG in bereinigter Form vorliegen. Bei deren Ausarbeitung sind die Partner (Leistungserbringende, Leistungsbeziehende und Verbände) rechtzeitig und angemessen einzubeziehen.